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Drohnenabwehr im Zuge der Uefa Euro 2024

Experten warnen vor Zwischenfällen mit Drohnen während der Euro 2024 und plädieren für entsprechende rechtliche Regeln und technische Abwehrlösungen.

Bei der Drohnenabwehr geht es auch um die Lokalisierung des Operators.
Bei der Drohnenabwehr geht es auch um die Lokalisierung des Operators.

Anlässlich der Euro 2024 in Deutschland geht in Sicherheitskreisen die Sorge um, dass Drohnen als terroristisches Mittel in Stadion oder bei großen Menschenansammlungen eingesetzt werden könnten. Einige Bundesländer wie NRW, Baden-Württemberg oder Berlin haben deshalb bereits Drohnenabwehrsysteme beschafft, die auch während der Euro 2024 zum Einsatz kommen, letztlich aber auch bei anderen Großveranstaltungen zu deren Absicherung dienen.

Zur Weltmeisterschaft 2006 waren sie noch kein Thema, doch nun, zur Euro 2024 sind Drohnen als potenzielle Gefahr im Fokus der Sicherheitsbehörden. Doch wie lassen sich „unkooperative“ Drohnen, also solche, die etwa gezielt eine Flugverbotszone ansteuern, wirkungsvoll bekämpfen, neutralisieren oder den Bediener auffinden? Es gibt viele Anbieter von Drohnenabwehrsystemen auf dem Markt und sie alle werben mit Genauigkeit, Reaktionsschnelligkeit und teilweise auch mit dem Einsatz von Mitteln zur Neutralisierung von Drohnen. Unabhängig von der Frage, wie wirksam solche Abwehrmittel oder Detektionssysteme sind, ist auch immer die Frage nach den rechtlichen Möglichkeiten zu stellen: Wer darf solche Systeme nutzen (Sicherheitsbehörden und/oder Militär) und welche Abwehrformen sind zulässig. Diese reichen von Stören, Übernahme der Drohne bis hin zu deren Abschuss oder Einfangen. Gerade die Abwehr bereitet vielen Experten Kopfzerbrechen, denn je nach Maßnahme kann diese für Unbeteiligte nicht ungefährlich sein – besonders im Falle eines Abschusses oder mehr oder weniger kontrollierten Absturzes.

Detektion von Drohnen oft schwierig

Die Polizei und die Länder scheinen sich in der Beschaffung von Systemen auf solche zu konzentrieren, die es vor allem ermöglichen, eine Drohne wirkungsvoll – also schnell und zuverlässig – zu detektieren und den Standort des Operators präzise lokalisieren zu können. Lösungen verschiedener Anbieter werden genutzt, darunter auch eine von der Telekom-Tochter T-Systems on site services in Kooperation mit dem israelischen Unternehmen Vorpal. Viele Anbieter setzen bei der Detektion auf hauptsächlich auf (Radiofrequenz) RF- und/oder Radar- sowie akustischen und elektro-optischen/infraroten (EO/IR) Sensoren, um Drohnen zu entdecken. Das Auslesen solcher Signale ist aber nicht in jedem Land erlaubt, denn je nach System müssen alle Signale erfasst und analysiert werden, also auch nahegelegene RF-fähigen Geräten wie Handys und anderen Bluetooth/Wi-Fi-Geräte. Das Entschlüsseln eines Signals, um GPS-Koordinaten zu extrahieren, verstößt etwa gegen die Bundesgesetze zur Telefonüberwachung in den Vereinigten Staaten, und heutzutage verschlüsseln nahezu alle Drohnen die Signalübertragungen.

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Vorpal geht hier einen anderen Weg. Das System Vigilair ermöglicht die Erkennung von Drohnen-RF-Kommunikations- und Datenlinks und deren Übertragungen über große Entfernungen und mit hoher Empfindlichkeit, auch in lauten und städtischen Umgebungen. Dies wird durch den Einsatz fortschrittlicher Signalverarbeitungsalgorithmen und -verfahren erreicht. Die RF-basierte Erkennungsmethode  erfordert keine RF-Übertragung, ist vollständig passiv und fällt damit laut Hersteller auch nicht unter behördliche Auflagen wie Spektrumlizenzen oder Zertifizierungen. Da es aufgrund seiner passiven Ausrichtung keine Elektronik- oder Kommunikationssysteme stört, lässt sich es problemlos in städtischen Umgebungen, Flughäfen und sensiblen Standorte installieren.

Städtische Gebiete sind eine Herausforderung für die Drohnenabwehr

Städtische Umgebungen stellen für die Überwachung von Drohnen eine große Herausforderung dar – dichte Landschaften mit hohen Gebäuden, gesetzliche Einschränkungen und Vorschriften, die den Betrieb von Übertragungslösungen behindern, endlose Anzahl von Funktransmittern verschiedener Typen und ähnliches. Damit das System erfolgreich arbeiten kann, müssen gerade in einem urbanen Umfeld entsprechend Sensoren platziert werden, um „tote“ Winkel in der Erfassung so gut wie möglich auszuschließen. Die Sensoren werden normalerweise am Rand eines Polygons platziert, wobei die Empfindlichkeit und Genauigkeit innerhalb des Polygons am besten ist und mit der Entfernung davon abnimmt. Die üblicherweise erforderlichen Entfernungen zwischen den Sensoren betragen in einem städtischen Umfeld zwei bis vier Kilometer und in einem ländlichen Umfeld drei bis sechs. Diese sehr großen Entfernungen zwischen den Sensoren bedeuten, dass die Abdeckung von großen Flächen von Dutzenden und sogar Hunderten von Kilometern leicht skalierbar ist. Mit diesen Entfernungen zwischen den Sensoren lassen sich Installationen über bereits vorhandene Infrastrukturnetze wie mobile Netzwerkinfrastrukturen, Smart-City-Punkte, kommunale Infrastrukturen und dergleichen realisiert werden.

Drohnenbetreiber-Geolokalisierung

Mehrere aufeinanderfolgende Geolokalisierungen derselben Drohne ermöglichen die Erstellung einer kontinuierlichen Drohnenverfolgung. Algorithmen vergleichen dann die erkannten Signale mit einer Bibliothek bekannter Drohnenübertragungen und identifizieren daraus die Drohnenaktivitäten. Das System filtert und integriert Rohdetektions- und Geolokalisierungsinformationen, um eine kontinuierliche hochwertige Bewegungszielanzeige basierend auf den Sensoren zu generieren. Da die Geolokalisierungsdaten sehr genau sind, bieten die daraus entstehenden Tracking-Daten ein gesamtheitliches Luftlagebild, dass auch auf mobilen Endgeräten darstellen lässt. Dadurch lässt sich auch der Standort des Drohnen-Betreibers präzise lokalisieren, was die Sicherheitsbehörden in die Lage versetzt, diesen schnell zu ermitteln.

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Auch wenn der Ansatz von Vorpal und anderen in dieser Richtung (passive Detektion) erfolgsversprechend ist, so ist auch er nicht frei von Problemen. Zum einen benötigt man je nach Umgebung viele Sensoren, um eben eine möglichst umfassende Abdeckung eines (urbanen) Gebietes sicherzustellen. Zudem muss die Drohne – zumindest bei Vorpal – in der Datenbank vorhanden sein, um die Signale zuordnen zu können. Und alle passiven Systeme haben das Problem, dass sie gegen autonom fliegende oder fest vorprogrammierte Drohnen ohne aktive Steuerung nichts ausrichten können, weil es keine Signale zwischen Drohne und Sender gibt. Daher bleibt die Drohnenabwehr nach wie vor ein schwieriges Unterfangen. Wie viele Tests an Flughäfen und anderswo gezeigt haben, ist eigentlich kein System allein in der Lage, Drohnen wirkungsvoll, schnell und zuverlässig zu detektieren, geschweige denn, zu bekämpfen. Es ist vielmehr der Mix aus unterschiedlichen Detektionsverfahren (optisch-elektronisch, passiv), das am erfolgversprechendsten ist. Insofern sollten die Einsatzkonzepte der Behörden diese Lehren bei der Absicherung der Euro 204 berücksichtigen.

Hendrick Lehmann, Protector

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